2010-05-29

Perspektive.

Da sind dann Leute, die wissen wollen, wie der Trick geht, dass man perspektivisch korrekte Zeichnungen machen kann. Hobbymalerinnen sind darunter, aber auch Bauzeichner, Architekten (nein, Architektinnen, nein, Bauzeichnerinnen). Und ich sage, fangt einfach mal an. Da sind Gebäude, zeichnet die mal.

Eine leichte Enttäuschung, die ins Rebellische färbt, ist deutlich spürbar. Aber sie machen, denn sie sind gekommen, um was zu lernen.
Ich erkläre jedem Einzelnen, jeder Einzelnen je nach Bedarf einzelne Regeln aus der Perspetivlehre Piero della Franchescas.

Aha! Eifrig wird nun begonnen, nach diesen Regeln zu zeichnen. Mit voller Kraft. Mit voller Kraft an die Wand. Denn mit Regeln kann man Regeln zeichnen, nicht die Wirklichkeit. Der kurze Flirt mit der abstrakten Perfektion des Regelwerks wird wehmütig beendet.

Es ist immer so. Es kann nicht anders sein. Es muss so.

Nun, mit den Regeln begraben im Unterbewusstsein, wird endlich geschaut, die Wirklichkeit angeschaut. Längen, Winkel, Verhältnisse zueinander, die Realität halt.

Die Zeichnungen erwachen zum Leben, laufen wie ein Kleinkind, noch ungeschickt, aber sie laufen.

Ich bin der einzige, der sich darüber freut.


Perfektion wäre so viel schöner gewesen. Jaja, man lernt ja noch, jaja, er wirkt viel lebendiger, jaja, Übung Übung Übungübungübung.

Es geht nicht anders. Man muss durch Scheiße waten, um an Land zu kommen.

Zeichnen ist Realität verstehen. Versuchen.



Im Rückblick macht es meistens Sinn.

Wie im Leben.

6 Kommentare:

Armin hat gesagt…

Ach, Mannmannmann, so schön geschrieben, so wahr.

Wenn Ihr Zeichnen lernen wollt, müsst Ihr Sehen lernen.

Hingucken. Einfach mal richtig hingucken.

klaus hat gesagt…

Regeln sind halt "einfacher". Find ich auch sehr schön beschrieben. Alle wollen 1+1=2, keiner will hingucken...(aber ein paar merken's vielleicht dann doch)...

blaumann hat gesagt…

Was soll man denn anderes machen als zeichnen was man sieht? Die ewigen Schüler meinen vielleicht ganz ernsthaft, dass sie jemand brauchen, der ihnen zeigt, wie das geht. Und ist ja ganz gut, dass sie Geld bezahlen für Bestätigung. Denn Bestätigung ist das, was sie suchen. (Ein Schüler wird nie Meister ...)

isabo hat gesagt…

Selbstverständlich wird ein Schüler mal Meister, denn vom Himmel fallen tun die bekanntlich nicht.

Armin hat gesagt…

Viele zeichnen nicht das, was sie sehen, sondern das, was sie wissen – oder glauben, zu wissen.

Beispiel Verkürzungen. Werden meistens länger gezeichnet, als sie sind. Weil man ja weiß, wie lange ein Arm oder ein Oberschenkel ist & einfach nicht glaubt, wie kurz der in der Verkürzung sein kann.

Weil man nicht glaubt, was man sieht, greift man in die Schublade der Erfahrungen zurück & guckt nicht mehr hin. Oder man guckt nur einmal hin & glaubt es verstanden zu haben …

gerdbrunzema hat gesagt…

"Wenn man zeichnet, muss man dumm sein" mein alter Prof war ein sehr kluger Mann.

Allgemein: Wenn man beobachtet, darf man nicht bewerten. Das verformt die Beobachtung. Vorher und hinterher kann man rumbewerten wie man lustig ist.

Die zu lang gezeichntete Verkürzung ist eine durch Erinnerung bewertete und verformte Beobachtung. Das ist ein Klassikerbeispiel, genau das ist gemeint.

Meister fallen nicht vom Himmel. Nie.

Aber es gibt doch ein "Schüler-sein-wollen" ein "nicht-autonom-werden-wollen" in der Mentalität mancher Kursteilnehmer.

Es gibt einen GROSSEN Bedarf an Aufmerksamkeit und Anerkennung. Die bekommt man leichter als Schüler.

Und leichter als Kursleiter...