So. Jetzt ist später. Und es ist lang.
Kunstgeschichte ist, wie jede Geschichte Erzählung. Und in Erzählstrukturen ist Faktizität praktisch nicht überprüfbar, sie sind tragende Teile, und dennoch nicht wirklich testbar. Die Historiker leben zwar von der Illusion, man könne das (Stichwort: Ich scanne die Aktenlage, und schwupps weiß ich wie das damals war). Ich will (und kann) denen ihren Job ja gar nicht wegnehmen.
Aber einer Erzählung muss man glauben, damit sie schlüssig und wahr wird. Fakten sind da nur Marker, die die Entscheidung, etwas als wahr zu glauben erleichtern. Quasi Wahrscheinlichkeiten der Vernunft unter die Nase gehalten, damit man erleichtert zubeisst und die Furcht betäubt ist. Ich finde, man sollte mit den Möglichkeiten und Grenzen der Vernunft sehr sorgfältig umgehen.
Und ich finde, ich sollte vielleicht mal wieder was zum Thema "Zeichnung ist überhaupt das geilste" beitragen, getz.
Aber das war nicht unwichtig, ich komm darauf zurück.
Wenn man also, wie diese Archäologen dokumentiert, ist das die Konstruktion einer Wahrheit. Und das ist das Äußerste, was menschenmöglich ist. Das ist bei Foto oder Film eigentlich nicht anders, es tarnt sich durch die Sperrigkeit der Herstellungsprozesse nur besser.
So ist jede Erzählung, und sei sie aus einem Buch von Herrn Mose oder aus einem Buch von Herrn Dawkins gebaut, eine Erzählung, die eine Welt konstituiert, über deren Gehalt (im Sinne von "Dat is getz ma wiertlich so") vernünftigerweise gar nichts sagen können. Und Wahrscheinlichkeiten mögen eine Vorliebe für die eine oder andere Erzählung begründen, eine eindeutige, zwingende Entscheidung bewirken sie alle nicht.
All diese Erzählungen werden geglaubt oder nicht geglaubt.
Die atheistische (Glaubens-)Überzeugung, die den menschlich-technischen Wahrnehmungsapparat und der damit verbundenen Vernunft nicht nur als einzige, sondern auch als definitiv letzte Instanz setzt, ist in ihrem Fundamentalismus schon recht katholisch. Mich erstaunt dabei immer wieder, wie dann der eigene Verstand und Sinnesapparat gleichsam Gott ist, der die Götter anderer Erzählungen lachend in ihrer Existenz bestreitet.
Und ich muss mit einiger Empörung feststellen, das ich mich ÜBERHAUPTNICHT konzentrieren kann, heute. Zeichnung. ZEICHNUNG!! Menno.
Wir waren bei Zeichnung. Die menschlich gesteuerte Reproduktion der visuellen Welt mit den einfachsten Mitteln, die möglich sind.
Ich glaube (!), Beobachtung ist Eingriff. Immer. Da sollte man sich nicht selbst verarschen.
Das bedeutet aber: Es gibt per se keine Laborbedingungen. Man sitzt immer mitten in der Suppe.
Es gibt keinen White Cube. Es gibt nur die willentliche Reduktion von Variablen und Parameter, die die Erkenntnismöglichkeit, nein, Erlebnismöglichkeit und Erzählmöglichkeit reduziert. Es ist das Prinzip Zeichnung, das, wie Herr Eco so schön skurril sagt, hier operative Poetik ist.
Zeichnung ist strukturell Reduktion, und auch nur als solche wirksam/interessant. Reduktion als (eigentlich riskanter) Versuch, die Essenz unbeschädigt zu sezieren (die Archäologen, remember?).
Und dieses Nonwhitecube ist mit zeichnerischen Mitteln auf die Spitze getrieben in der Streetart (ich persönlich finde wirklich fast ausschließlich Streetart, die auf zeichnerischen Mitteln basiert, spannend. Außnahme: plastische Objektveränderungen). Es gibt nix öderes, als eine ausgearbeitete Malerei im öffentlichen Raum.
Deshalb, und nicht wegen der juristischen Mutprobenhaftigkeit ist Streetart so interessant. Das ist zeichnerische Weltauseinandersetzung mitten in der betreffenden Welt. Nix Labor. Es ist nicht die weiße Wand in der Galerie, die ja gar keine Fehler ermöglicht, wo man ja wirklich ÜBERHAUPT NIX falsch machen kann, sondern das rote Sofa Großstadt, das ausgehalten werden muss.
Das wär ja mal ne Aufgabe: Einen whitecube-Laden mit etwas zu bestücken, das DEFINITIV nicht als Kunst dikutabel ist. Haha. Geht nicht. Wette ich.
Ich wünschte, ich könnte etwas strukturierter schreiben.
Sorry für das Chaos.
Achja, falls hier noch die Frage auftauchen sollte, was denn Kunst sei. Antwort hier.
via pjaer
Dankeschön, Herr Pjaer.
PS.: Und ich bin ja gar nicht auf den Mose/Dawkins-Kram zurückgekommen. Andermal vielleicht. Ich bin müde. Sorry.
2008-03-22
Zeichnung AAAAAAHAHAHAHAH Teil 2
Eingestellt von gerdbrunzema um 18:16
Labels: philosophie, Zeichnung
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