2009-08-17

Caffamacherreihe.

Folgendes ist mir neulich passiert. Ich bekam einen Brief von der Hamburger Polizei. Man ermittle gegen mich wegen Verdachts auf Überweisungsbetrugs in mehreren Fällen. Man bitte mich zu einer Vorladung, um meine Stellungnahme entgegenzunehmen. Nun ist es so: Ich habe zur Zeit einen durchaus turbulenten Lebenslauf, in mehrfacher Hinsicht und in durchaus umwerfender Intensität. Da ist einem das prickelnde Gefühl, staatlicherseits für einen Kriminellen gehalten zu werden, eine erfrischende Abwechslung in meinem öden langweiligen Dasein. Nicht. Wahr.

Ich nahm also mein Telefon und rief den Herrn, der mich dort sprechen wollte, an. Einen Tag lang. Eineinhalb Tage lang. Anrufen, nicht mit ihm sprechen. Die Kollegen im Revier kamen dann auf die Idee, dass der eventuell im Urlaub sei. WAS DENN ÜBERHAUPT LOS IST, wünschte ich zu erfahren. Herr Kafka, das wissen wir nicht, ich sollte mich, wir können da nicht...

Naja, ich bin recht gut im nerven, wenn das mal nötig ist. Die Kollegin, die mich da dann schon etwas intensiver kannte, war schließlich der Meinung, man könne eventuell, ich schau mal, warten Sie einen Augenblick.

Vorweg: Ich habe bis jetzt nicht restlos verstanden, was ein Überweisungsbetrug ist. Und ehrlich gesagt, möchte ich das auch nicht wissen.
Die Dame vom Amt empfahl mir, eine Mail mit meinem Personalausweis und einer juristisch wasserdichten Zurückweisung des Verdachts zu schicken. Was ich tat.

Naja. Der Herr Ermittlungsbeamte (Ein netter, stiller Herr übrigens, mit einem Polizeibart) kam aus seinem Urlaub zurück und wir trafen uns in der Polizei in der Cafamacherreihe 4. Das ist übrigens eine tolle Sache in Hamburg. Die Straßennamen. Fiefstücken, ABC-Straße, Caffamacherreihe. Von jedem etwas. Der Großvater von Jan Vermeer van Delft war übrigens Caffamacher. Sein Sohn, also der Vater von Jan Vermeer van Delft hatte eine Bäckerei in Mechelen. Caffa ist ein sehr fester Leinenstoff, der für Tischdecken, Bettwäsche und sowas verwendet wurde, glaub ich, da bin ich mir nicht so sicher. Und die "Fakten" über Vermeer, da bin ich mir sehr sicher, sind sehr unsicher. Caffamacherreihe. Wunderbares Wort. Caffamacherreihe. Caffamacherreihe. Caffamacherreihe.

Wo war ich. Ach ja, der Ermittlungsbeamte. Nach dem mir die vorhandenen Ermittlungen offenbart wurden, offenbarte ich, dass meine Unterschrift anders aussieht, als auf dem Kontoeröffnungsformular, das in Eisslingen oder Esslingen in Schwaben (Nichts gegen Schwaben. Aber das ist doch ein wenig, ähm, unwahrscheinlich, oder?) auf meinen Namen bei der Postbank ausgefüllt worden war. Die Personalausweisnummer stimmte nicht und es wurde in dem Formular behauptet, ich sei im "Bürgermeisteramt Hamburg" gemeldet. Es gibt kein Bürgermeisteramt in Hamburg. Macht ja nix. Ach, und für den Kontoeröffnungstag hab ich ein Alibi, da habe ich am Rechner der Kunsthochschule in Braunschweig gesessen, Cheffe kann bestätigen.

Das ganze hat auch eine weniger lustige Seite. Dem Menschen, der das alles gemacht hat, ist es gelungen, innerhalb von wenigen Tagen auf dem Konto eine fünfstellige Summe auflaufen zu lassen, keine Ahnung wie. Da hat dann glücklicherweise irgendjemand rechtzeitig dafür gesorgt, dass das Konto gesperrt wird, sonst wäre ernsthaft Schaden entstanden.

Naja. Ich wars halt dann doch nicht (wer mich kennt, der hat bestimmt gelacht, ich wäre viel zu dusselig für sowas konspiratives. Mannmannmann), das Verfahren wird vermutlich eingestellt, ich habe, soweit es geht alle persönlichen Daten aus dem Netz genommen, sofern sie da vorhanden sind. Es werden ja solche Adress-plus-Kontodaten im Internet mittlerweile zu Schleuderpreisen gehandelt. Und wenn ich mir überlege, dass bei all den Online-Banken eine Kopie (Photoshop, ik hör dir trapsen) des Personalausweises genügt, dann wundere ich mich, das überhaupt noch jemand die Banken überfällt, Deppen, die. Spurloses Verbrechen, Internet machts möglich. Ich habe keine Ahnung, wie man sich davor ausreichend schützen kann. Das kann jederzeit jedem pasieren und es ist dann gut, wenn man ein Alibi hat.

Es ist im übrigen nicht unwahrscheinlich, das der Mensch, der das alles veranstaltet hat, ein Leser dieses Weblogs ist. Guten Tag.

4 Kommentare:

wölkschen hat gesagt…

Schöne Geschichte, cooles Ende finde ich. So ist das halt mit dem "Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars" etc.

gerdbrunzema hat gesagt…

Ja. Aber live und in Farbe ist das erst ne schöne Geschichte mit coolem Ende, wenn sie Geschichte ist.

Don't try this at home.

Wobei es wirklich wie negatives Lotto ist. Es erwischt einen, oder nicht.

isabo hat gesagt…

Ich hab das jetzt zwar nicht ganz verstanden, was der gemacht hat, aber trotzdem: Arschloch. Also, nicht du jetzt. Und ich benutzt solche Wörter auch nicht dauernd.

Cymru hat gesagt…

Ich bewundere Deine Gastfreudschaft und die ausgesuchte Höflichkeit, mit der Du diesem Internetentrepreneur gegenübertrittst.